Ein Bericht von Hartmut Rüf
Der Prähistoriker Matthäus Much entdeckte im Jahre 1872 die Pfahlbau-siedlung See am Mondsee. Die dortigen überaus reichen Funde bilden mit denjenigen der Grabungen von Johann Offenberger in den 70er und 80er-Jahren die Basis der Studiensammlung des Instituts für Ur- und Frühgeschichte der Universität Wien.
Das Silexinventar dieser Sammlung, 1558 Objekte, wurde auf seine Herkunft untersucht, wobei nur 3,4 % der Gerätschaften bekannten Abbaugebieten Bayerns und Norditaliens wie z.B. dem Hornsteinbergwerk Bayersdorf oder den Monti Lessini zugeordnet werden konnte. Es musste somit weitere, vermutlich lokale Quellen geben.
Geländebegehungen durch den Geoarchäologen Alexander Binsteiner gaben Hinweise auf mögliche Herkunftsorte: Vom namensgebenden Ort Oberalm bei Salzburg bis zum Zwölferhorn zieht sich eine geologische Formation namens Oberalmer Kalke hin, die Hornstein-führende Schichten enthält. Fundstellen befinden sich am Mühlstein bei Elsbethen nahe Salzburg und im Königsbachtal bei Abersee am Wolfgangsee.
Eine zweite mögliche Quelle für die in der Pfahlbaustation See gefundenen Feuersteine sind die sogenannten Ruhpoldinger Schichten, die vor allem Radiolarit enthalten und sich vom namensgebenden Ort in Bayern nach Osten über die gesamte Kette der nördlichen Kalkalpen erstrecken.
Hornstein und Radiolarit (Anteile 60% bzw. 40% im Silex-Inventar der Studiensammlung der Universität Wien) – siehe auch Blog-Beitrag „Der Steinzeitwerkstoff Feuerstein“ von Martin Madera – bestehen wie Quarz aus Kieselsäure, sind hingegen biologischen Ursprungs (umgewandelte Kieselsäureskelette vorgeschichtlicher Algen). Hornstein ist meistens grau bis gelb, Radiolarit durch Eisenbeimengungen grün oder rot gefärbt. Die ihn bildenden Kieselsäureskelette stammen von den heute noch existierenden 0,15-0,5 mm großen Strahlentierchen (Radiolarien) ab, einer Kieselalgen-Art, die mit einem Alter der Gattung von über 500 Millionen Jahren zu den auf der Erde längstexistierenden Organismen zählt.
Eine Fundstelle für Radiolarit besteht im Laudachtal bei Gmunden, wo auch Abschläge und retuschierte Stücke entdeckt wurden; mangels Beifunden war jedoch keine zeitliche Einordnung möglich.
Eine weitere Fundstelle gibt es direkt vor der Haustüre der Pfahlbaustation See, am Fuße der Eisenau am Mondsee. Der Sturm „Emma“ im Jahre 2008 hatte dort zahlreiche Bäume entwurzelt und damit den felsigen Untergrund freigelegt. Auf Grund der räumlichen Nähe ist anzunehmen, dass die Mondseekultur diese Lagerstätte genutzt hat, auch wenn bisher keine Abbbaustelle identifiziert werden konnte.
Alexander Binsteiner schätzt die Mengen an gut spaltbarem Hornstein und Radiolarit in den genannten geologischen Formationen auf mehrere Millionen Tonnen.
Verwendete Literatur:
Alexander Binsteiner: Eine einseitige Beziehung – Feuersteine der Monti Lessini in jungsteinzeitlichen Silexinventaren des Nördlichen Alpenvorlandes
https://www.archaeologie-online.de/artikel/2014/eine-einseitige-beziehung/
Alexander Binsteiner: Die Rohstoffversorgung der jungsteinzeitlichen Pfahlbausiedlung von See am Mondsee, Oberösterreichische Heimatblätter, Heft 1/2, 2009, S. 3-10, Amt der OÖ. Landesregierung
Alexander Binsteiner: Die Lagerstätten und der Abbau Bayerischer Jurahornsteine sowie deren Distribution im Neolithikum Mittel- Und Osteuropas, Jahrbuch des Römisch-Germanischen Zentralmuseums 52 · 2005 S. 43-122
Michael Brandl , Robert Neuhauser und Beatrix Nutz: Eine Silexlagerstätte im Laudachtal, Oberösterreich, Archäologle Österreichs 21/2, S. 41-46
Heinz Gruber: Das Neolithikum in Oberösterreich – ein Überblick zum Forschungsstand, in: Fines Transire, Jahrgang 18, 2009 S. 133-144, Verlag Marie Leidorf GmbH • Rahden/Westf. 2009
Walter Leitner, Michael Brandl & Thomas Bachnetzer: Die Ostalpen als Abbaugebiet und Versorgungsregion für Silex und Bergkristall in der Prähistorie, in: in: Goldenberg, Gert, Töchterle, Ulrike, Oeggl, Klaus, Krenn-Leeb, Alexandra: Neues zur Bergbaugeschichte der Ostalpen S.113-144, Verlag Österreichische Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte, Wien 2011
Jakob Maurer: Die Mondsee-Gruppe: Gibt es Neuigkeiten? Ein allgemeiner Überblick zum Stand der Forschung, in: Vorträge 32. Nieder-bayerischer Archäologentag, S. 145-190 Verlag Marie Leidorf, D-32369 Rahden/Westf.
Katalog – Mondsee Silices, uhasammlung.univie.ac.at
Geologische Karte der Republik Österreich 1 : 50.000, Erläuterungen zu Blatt 95 Sankt Wolfgang im Salzkammergut, Geologische Bundesanstalt, A-1031 Wien, Rasumofskygasse 23
Geologische Karte der Republik Österreich 1 : 50.000, Erläuterungen zu Blatt 65 Mondsee, Geologische Bundesanstalt, A-1031 Wien, Rasumofskygasse 23
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